Auf der 17. Internationalen Konferenz Wirtschaftsinformatik (WI22) war Dr. Nicolas Bissantz in einer Diskussionsrunde zu sehen und zu hören – per Live-Schaltung in den Hörsaal seiner Alma Mater in Nürnberg. Dabei sprach er unter anderem über seine Erfahrungen mit der Unternehmensgründung, die auf seine wissenschaftlichen Arbeiten im Rahmen seiner Promotion an der FAU zurückgeht.
In ebendiesem wissenschaftlichen Fundament sieht Bissantz einen wichtigen Erfolgsfaktor. Im Hinblick auf die Entstehung und Entwicklung seines Unternehmens stellt er fest:
„Es war Glücksfall, dass wir eng am ursprünglichen Thema bleiben konnten. Ich bin ziemlich stolz darauf, sagen zu können, dass wir unsere Firma zu einem Wissenschaftsunternehmen geformt haben. Wir haben Wissenschaft zu einem Erfolgs- und Wettbewerbsfaktor gemacht – und zwar nicht nur durch die ursprüngliche Promotionsarbeit bei Professor Mertens, sondern in der Fortsetzung bis zum heutigen Tag und der Akzeleration unserer Forschung.“
In seiner Forschung ging es zu Anfang (und geht es bis heute) vor allem um Automation:
„Wir haben das Forschungsthema immer als das erkannt, was es geblieben ist, nämlich Controlling zu automatisieren. Sinnhafte Vollautomation – das ist ein wichtiges Stichwort, das Peter Mertens geprägt hat. Das Controlling ist unglaublich repetitiv. Es arbeitet mit gut organisierten Daten und es geht um viele Routine-Arbeiten. Da muss man als erstes auf die Idee kommen, dass hier Effizienzgewinne durch Automation zu holen sind.“
Mit BETREX II entwickelten Bissantz und sein Kollege Jürgen Hagedorn ein System zur Datenmustererkennung, basierend auf vorangegangenen Forschungsarbeiten des Lehrstuhls für Wirtschaftsinformatik, aus denen das erste „Betriebsergebnis-Expertise-System“ entstanden war (BETREX I). Die Zusammenarbeit mit Praxispartnern des Lehrstuhls wie Sandoz, Metabo oder Gühring zeigte, dass die Ergebnisse auch für die Wirtschaft relevant waren. Als Bissantz und Hagedorn diese bei etablierten IT-Unternehmen vorstellten, war die Resonanz allerdings ernüchternd:
„Manchmal erzähle ich, dass die Unternehmensgründung eigentlich eine Trotzreaktion war. Das konnte ja gar nicht sein: Wir hatten über drei Jahre jeder an die zehntausend Stunden in dieses Thema investiert. Es hat in der Praxis funktioniert – und dann wollte es keiner! Es war für mich ein Unding, dass das Wissen in der Schublade vergammeln sollte.“
Stattdessen schritt Bissantz zur Tat: Er gründete mit Bissantz & Company ein Software-Unternehmen, dessen Business-Intelligence-Lösungen heute von Kunden in allen Branchen und weltweit genutzt wird. Das wissenschaftliche Fundament dieser Lösungen hat Bissantz in den letzten 25 Jahren stetig ausgebaut – auch interdisziplinär:
„Mir hat es schon als Student gefallen, dass in der Wirtschaftsinformatik eine Brücke geschlagen wird: von der Informatik zur BWL und zurück. Und schon in der Promotionszeit kamen weitere Dinge dazu: Wir mussten uns mit Mathematik und Statistik auseinandersetzen, mit neuronalen Netzen, mit maschinellem Lernen und allem, was mit der Datenmustererkennung (dem Data Mining) einherging – und natürlich mit Datenbanktechnologien neuester Prägung, mit Abfragesprachen wie MDX, damit wir die Rechen-Power hatten. […] Das prägte die algorithmische Phase. Die haben wir so weit getrieben, dass wir am Ende an die 125 Methoden implementiert hatten: statistische, betriebswirtschaftliche, maschinelles Lernen. Inzwischen haben wir eine Data-Science-Workbench, die die Fähigkeit hat, zu einem gegebenen Datenbestand die passende Analysemethode herauszusuchen.“
Eine weitere Tür stieß Bissantz mit dem Thema der Datenvisualisierung auf:
„Wir haben erlebt, dass herkömmliche Diagramme eigentlich nichts taugen. Und dann habe ich mich noch mal völlig neu aufgemacht: Ich brauchte die Psychologie und die Hirnforschung, die Neurobiologie – diese Disziplinen verstehen am meisten vom Menschen. Deshalb habe ich für mich eine Art Blitzstudium organisiert und habe mir helfen lassen von dem, wie ich meine, Besten auf diesem Gebiet in Deutschland: von Gerhard Roth. Inzwischen wurde daraus ein Buch. […] Für mich persönlich ein Höhepunkt, weil jetzt über viele Jahre alles zusammenfließen konnte an wissenschaftlichen Erkenntnissen und an eigener Grundlagenforschung.”
Den gesamten Beitrag von Dr. Nicolas Bissantz zur Diskussionsrunde mit Prof. Peter Mertens und Prof. Kathrin Möslein können Sie hier nachschauen:
Studierende, die Bissantz & Company kennenlernen und Business Intelligence in der Praxis erleben möchten, laden wir ein zum BI Camp 2022 vom 22. bis 24. September in Nürnberg.