Gefühlt war zu Weihnachten in früheren Jahren nicht nur mehr Lametta, sondern es lag auch immer Schnee. Inwieweit diese Behauptung überhaupt stimmt, werden wir heute in DeltaMaster untersuchen.
Der Deutsche Wetterdienst stellt eine Vielzahl von Wetterdaten zur Verfügung, unter anderem auch die gemessenen Niederschläge an insgesamt 1323 Wetterstationen in Deutschland.
Darunter befinden sich auch vier Wetterstationen in der Nähe unserer vier Standorte Nürnberg, Hamburg, Darmstadt und München.
Für weiße Weihnachten gibt es prinzipiell zwei Voraussetzungen: Es muss erst einmal schneien und der Schnee muss dann auch liegen bleiben – zumindest, wenn es nur vor, aber nicht während Weihnachten schneit.
Werfen wir zunächst einen Blick auf gemessene Niederschläge der Nürnberger Station, die sich auf dem abgesperrten Flughafengelände – ca. 300m von der Landebahn entfernt! – befindet:
Hier sind die Tage im Dezember mit einer bestimmten Niederschlagsform von 1955 bis 2018 dargestellt. Abgesehen von einer einzelnen Fehlmessung im Jahre 1961 fällt auf, dass es eine Umstellung in der Regenmessung im Jahre 1979 gab.
Im begleitenden Text des Deutschen Wetterdienstes gibt es weiterhin den subtilen Hinweis, dass beispielsweise die Kategorie 7 allgemein für Schnee steht, bei automatischen Stationen jedoch “fester Niederschlag” bedeutet – das könnte dann wohl auch Hagel sein.
Zur Vereinfachung summieren wir die sich gegenseitig ausschließenden Kategorien 1 und 6 und schauen nun per Small Multiples auch auf unsere anderen drei Standorte:
Wir stellen fest:
- In Darmstadt wird die Messstation erst seit 1995 betrieben und die letzten Jahre wurde die Form des Niederschlags nicht festgehalten.
- Hamburg sieht plausibel aus.
- In München scheint es jahrelang keinen Schnee gegeben zu haben; plausibler ist aber die Annahme, dass dieser in den Anfangsjahren der 1er-Regenkategorie zugeschlagen wurde. Außerdem ist die Form des Niederschlags in den letzten Jahren ebenfalls häufig nicht bekannt.
Nicht ohne Grund gilt die Faustregel, dass üblicherweise 80 % des Aufwands für eine Analyse in die sorgfältige Datenerhebung und in die Aufbereitung fließen.
Für die Daten aus Darmstadt und München ist es dafür nun aber bereits zu spät und wir ignorieren die beiden Städte im weiteren Verlauf:
Einen richtigen, sofort ins Auge springenden massiven Trend sieht man nicht, DeltaMaster schließt sich im Trendbarometer mit “kT” (wie “kein Trend”) dieser Meinung an. Wenn man genauer hinguckt, könnte man sich einbilden, dass etwa in Hamburg die Anzahl der Schneetage in den letzten Jahren durchgehend gering und die Anzahl der Regentage immer erhöht war.
Schauen wird doch nun einmal auf die genauen Zahlen in Hamburg. Dazu verwenden wir die Grafische Tabelle mit Bissantz’Numbers und aktivieren den Tabellenumbruch:
Tatsächlich gab es in den letzten Jahren durchgehend viele reine Regentage im Dezember – die letzten 6 Jahre hatten jeweils mindestens 17 Regentage aufzuweisen. Solche Serien mit 17 oder mehr Regentagen waren zuvor im gesamten betrachteten Zeitraum nach spätestens 3 Jahren beendet, d. h., die letzten Jahre sind auffällig und auch im laufenden Jahr 2019 gab es bis einschließlich dem 18.12. bereits 17 Regentage.
Erstaunlicherweise gab es andererseits zuvor im Jahre 2010 den schneereichsten Dezember in der gesamten Zeitspanne von 1955 bis 2018. Hier in Hamburg war an satten 22 Tagen reiner Schneefall zu beobachten (in Nürnberg waren es immerhin auch 14 Tage).
In Hamburg sieht es also allgemein für weiße Weihnachten sehr düster aus, wie auch der folgende Ausschnitt der 3 Tage vom 24.12. bis zum 26.12. beweist:
Nürnberg ergeht es allerdings nur minimal besser und etwaige Schnee-Regen-Kombinationen werden im Laufe der Zeit allmählich durch reinen Regen ersetzt.
Wie sieht es mit der Schneehöhe aus – gab es hier Auffälligkeiten? Wir schauen einmal auf Dezembertage mit Schneehöhe 1 cm und mehr:
Hier haben wir den immer wieder hilfreichen Zoom in DeltaMaster eingesetzt. Es gibt zwar von Zeit zu Zeit einzelne Spitzen – z. B. im Dezember 2010 lag in Nürnberg durchgehend Schnee, aber in den 50ern scheint der Schnee tendenziell länger liegen geblieben zu sein.
Zoomen wir noch ein Stück weiter hinein, sehen wir die Zahlen direkt an den Säulen:
Hier sind die 31 Tage Schneedecke im Jahr 2010 in Nürnberg gut erkennbar. Auffällig sind auch die 7 Tage mit Schneedecke im Jahr 2017, obwohl es nur 3-mal geschneit haben soll. Ein SQL-Durchgriff bringt Klarheit:
Am 30. November gibt es 3 cm (RSK=3) Schneefall (RSFK=7), der die nächsten Tage als Schneehöhe 2 cm (SHK_TAG) gemessen wird. Dazu gibt es zum Beispiel am 3., 4. und 8.12. Tage mit Regen und Schnee.
Seltsamerweise zeigt der 9.12. dann Schneefall an (RSFK=7), aber mit einer Niederschlagshöhe von 0 (auch auf zwei Stellen gerechnet steht da 0.00).
Wenn es die Verschiebungen von Schnee zu Regen gibt, wird dies am einfachsten durch eine Temperaturerhöhung erklärbar sein. Ist diese in den Daten sichtbar? Pro Tag werden laufend Temperaturen gemessen und hiervon wird der Durchschnittswert des Tages, das Tagesminimum und das Tagesmaximum bestimmt. Wir schauen nun über einen Boxplot auf die Verteilung der Tagesdurchschnittswerte im Dezember:
Weiterhin haben wir hier in der ersten Spalte die tiefste und in der dritten die höchste erreichte Temperatur des Monats Dezember festgehalten.
Studiert man die Graphische Tabelle längere Zeit, so sind wohl die größten Auffälligkeiten in den absoluten Tiefsttemperaturen zu finden: Teilt man die Daten in zwei Hälften 1955-1986 und 1987-2018, so sind in der ersten Hälfte extreme Minimaltemperaturen im Dezember unterhalb von -13 Grad insgesamt 16-mal zu finden, in der zweiten Hälfte hingegen nur 8-mal.
Ähnliches gilt für die minimalen Tagesdurchschnittstemperaturen: Die linken Ränder der Boxplots sind in den letzten Jahren tendenziell nach rechts gerückt.
Natürlich gibt es immer wieder einzelne kalte Winter wie in 1996 (ich kann mich sehr gut an die -22 Grad erinnern, da ich nachts mit dem Rad unterwegs war) oder wie zuletzt in 2010.
Auch sind die Maximalwerte nicht ganz so auffällig. Der Höchstwert von 1961 (15.1 Grad) wurde etwa seitdem nicht mehr überschritten.
Datenbasis: Deutscher Wetterdienst, Daten visualisiert und aggregiert, speziell die Historischen Wetterdaten wurden verwendet.