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Knecht Ruprecht Murdoch

Die armen Printmedien. Die Auflagen sinken, die Werbekunden geizen. Und nicht nur Rupert Murdoch will Geld verdienen mit seinen Zeitungen. In dieser Not könnte man radikal werden und die überlegene Auflösung des Papiers für neue Formate nutzen. Die Online-Medien würden dumm aus ihren Monitoren gucken.

Das Wall Street Journal Europe, seit 1983 am Markt, wurde zum 17.11.2009 neu gestaltet. Die Mutter, das amerikanische Wall Street Journal, war eine lange Zeit seiner 120-jährigen Geschichte der Idee zugeneigt, nicht für Banker, sondern für deren Kunden zu schreiben. Es bekam bereits Anfang 2007 ein Facelift. Eine Spalte fiel weg, manche Inhalte gingen ins Netz. Das fand statt, noch bevor Rupert Murdoch am 1. August 2007 das Ruder übernahm und damit begann, das altehrwürdige Wirtschafts- und Finanzblatt durch Ausbau der Seiten zu Politik und Kultur zu einer “kompletten” Zeitung zu machen.

Quelle: WSJ Europe, 13.11.2009, S. 1      Quelle: WSJ Europe, 17.11.2009, S. 1
Heben Sie die kleine Tabelle links gut auf. Sie ist die letzte ihrer Art und könnte im Wert steigen. Seit dem 17.11.2009 ist sie Geschichte. Sie wurde durch einen Ticker, der nicht tickert, ersetzt. (Titel des WSJ Europe, 13. und 17.11.2009)

„Relaunches“ nehmen zu. Die Sorge des um die Informationskultur Besorgten ist jedes Mal groß. In der Presseabteilung heißen die Bemühungen „Investi­tion“. In der Finanzabteilung nennt man denselben Vorgang “sparen”. Tat­sächlich galt es zum Beispiel beim WSJ Europe die Kosten um € 18 Mio. p. a. zu reduzieren.

Quelle: WSJ Europe, 13.11.2009, S. 1
In ihrer Klarheit, Lesbarkeit, Sachlichkeit nicht zu schlagen: Vortagesänderungen wichtiger Indikatoren als Tabelle auf jedem Titel des WSJ Europe – bis zum 13.11.2009.

Auch beim Relaunch der FAZ zum 20.01.2009 ging es ums Sparen. Der Kursteil musste abspecken. Um eine Seite. Einiges verschwand. Manches kam rein. Neu ist u. a. die Spannweitendarstellung. Sehr erfreulich. (Zugegebenermaßen auch wegen der Verwandtschaft zu einer eigenen kleinen Erfindung.)

Quelle: WSJ Europe, 17.11.2009, S. 1
Die Tabelle muss seit dem 17.11.2009 einem Ticker weichen, in dem es Dreiecke statt Vorzeichen gibt.

Zurück zum Facelift des Journal. Das gute Dutzend Kurznachrichten in der linken Titelspalte verschwand auf die Seite 2 und wurde magersüchtig. In der ersten Ausgabe nach dem Relaunch blieben gerade mal fünf Nachrichtchen übrig. Schade.

Die bekannten und von mir geliebten klar und schnörkellos gezeichneten Standard-Diagramme, die uns oft als Vorbild dienen, sind noch da. Fast. Über lange Zeit freute ich mich über die zweckmäßige Darstellung der wichtigsten Indexentwicklungen als Tabelle auf der Titelseite. Andere Blätter quälen ihre Leser an dieser Stelle mit Trendpfeilen, wo keine Trends sind.

Aus der schönen Tabelle wurde ein papiertigernder Ticker. Ein echter Augenweitsprung am oberen Seitenende. Ticker laufen am Auge vorbei. Papier nicht. Ich musste die zweite Ausgabe abwarten, um sicher zu sein. In der ersten bewegten sich alle Indizes in dieselbe Richtung. Tatsächlich. Rupert Murdoch hat Plus und Minus in den Sack gepackt. Stattdessen: Dreiecke. Spitze oben und grün für Plus, Spitze unten und rot für Minus.

Schumpeter, steh uns bei.

Nicolas Bissantz

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