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Tod der Businessgrafik

Visuelle Opulenz ist schlimm, inhaltliche Magersucht noch schlimmer. Das Ideal sind informationsdichte, optisch schlanke Berichte. Dafür braucht es ein scharfes Skalpell. Und: den Tod der Businessgrafik. Endlich.

Businessgrafiken prägen unsere Kommunikationskultur. Wenn sie aus Chartingprogramme kommen, wird daraus Unkultur. Wie sehr, lernte ich 1990 anlässlich eines studentischen Praktikums bei der Unternehmensberatung Roland Berger & Partner in München.

Tod der Businessgrafik

Das physische Ergebnis jedes Beratungsprojektes war und ist bis heute ein Chartband. Heerscharen flinker Grafiker malen als Computergrafik, was die Berater mit Bleistift und Papier skizzieren. Wie derlei Grafiken aussehen dürfen, ist in Stilfibeln akribisch festgelegt. Das darin gebündelte Know-how ist bemerkenswert. Die Qualität der Grafiken ist bis heute mit Chartingprogrammen nicht herzustellen. Zur Zeit meines Praktikums nutzten die Computergrafiker am liebsten das Programm Freehand auf Apple Macintosh. In Freehand musste man beinahe jedes Detail selbst zeichnen. Dafür war die Gestaltungsfreiheit enorm.

Im Anschluss an mein Praktikum unterstützte ich einen Freund bei einem kleinen Beratungsprojekt. Unglücklicherweise gelang es mir, ihn davon zu überzeugen, dass er auch einen Chartband brauchte. Wir liehen uns Rechner, Drucker und eines der ersten Chartingprogramme für Businessgrafiken, Harvard Graphics, da wir von Freehand überfordert waren. Die Zeit drängte. Wir arbeiteten dreieinhalb Tage nonstop.

Die Qualität unseres Chartbands war entsetzlich.

Das Niveau unserer damaligen Grafiken ist mir seitdem immer wieder begegnet. Es ist der Standard in den meisten Unternehmen, Zeitungen, Publikationen, sogar bei vielen spezialisierten Informationsdiensten. Das Ideal der schwulstfreien, informationsdichten Grafik wird nur selten erreicht. Sehr regelmäßig finden sich derlei grafische Preziosen in der New York Times und in Sonntagszeitungen wie der WAMS. Wie es sich gehört, platzieren sie Werte direkt neben den grafischen Elementen, verzichten auf umständliche Farbcodierungen und vermeiden inhaltsleeren Schmuck.

Die von Excel, Chartingprogrammen und vielen Managementinformationssystemen automatisch produzierten Grafiken sind von diesem Ideal weit entfernt. Wie weit, zeigt die Animation oben. Um allen Schwulst zu entfernen, braucht es 12 Schritte.

Die Ursachen sind genereller Natur und haben nur am Rande mit dem schlechten Geschmack von Excel-Programmierern zu tun.

Zunächst: Schrift läuft quer, Säulen laufen senkrecht. Vertikaler Text ist nur selten eine vertretbare Lösung, wie man oben sieht. Die Kombination von horizontalem Text und vertikalen Säulen verbraucht daher viel Platz und lässt das Übergewicht des grafischen Elements linkisch erscheinen. Übergewicht entsteht schnell. In der Visualisierung immer dann, wenn mehr Pixel als unbedingt nötig verbraucht werden für die simple Idee, dem Auge Größenunterschiede schneller zu vermitteln als das durch Lektüre der Zahlen gelingt.

  Kein Schwulst und 5-mal kleiner: Grafische Tabelle

Wie einfach sich die Säulengrafik durch eine effiziente grafische Tabelle ersetzen lässt, zeigen die letzten Schritte der Animation. Alles Unnötige ist verschwunden: Linien, Überbreiten, Achsen, Rahmen, Abstände, Leerflächen. Aus den Säulen wurden Balken.

Es sieht nicht gut aus für die Businessgrafik †.

Nicolas Bissantz

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