Modernes Controlling bewegt sich auf schmalem Grat. Entscheidungen dürfen nicht vorweggenommen werden. Aber der Controller soll auch Gutachter sein. Und IT-Fachmann. Und, und, und. Was hilft, den Vielfach-Spagat zu meistern?
Wie gefährlich Instrumente sind, die Entscheidungen mit naiven Methoden vorwegnehmen, wissen wir bereits. Es gibt auch Instrumente, die so kompakt und dicht berichten, dass man in vielen Situationen dem Management das komplette Datenbild zum selber Hirnen bereitstellen kann. Für Routineberichte halte ich das für einen gangbaren Weg: Die kompakten Visualisierungsformen dafür gibt es und der Reiz des Couchcontrolling ist hoch.
Will das Controlling Gutachter sein, muss es den Mut haben, Unsicherheit zu wagen. In einer Welt voller Grauschattierungen Wahrheiten in schwarz und weiß anzubieten, mag Demagogen gut stehen, seriös ist es nicht. Nur wer wagt, die Grenzen seiner Aussagen zu dokumentieren, kann auf vernünftige Wirkung hoffen. Dazu gehören folgende Regeln:
- Kennzeichnen Sie Berichte namentlich. Berichte werden von Menschen gemacht. Software erstellt keine Berichte. Es erhöht die Glaubwürdigkeit und reduziert das Risiko einer Fehlinterpretation, wenn wir die entstehende Verantwortung bewusst übernehmen und alles, was wir produzieren, mit unserem Namen kennzeichnen. Wenn wir auf Daten Dritter zurückgreifen, sollten wir auch dort eine Person als Quelle identifizieren. Wenn es keine gibt, machen wir das deutlich, z. B. mit „N.N., Statistisches Bundesamt“. Ich finde, es gehört bereits zur Technik der Manipulation, wenn wir lediglich eine bekannte Institution als Quelle benennen. Bestenfalls handeln wir gedankenlos. Die suggerierte Glaubwürdigkeit jedenfalls kann auf uns zurückfallen.
- Vergröbern Sie Ihre Zahlen. Bei genauem Hinsehen ist es peinlich, so zu tun, als wüsste man tatsächlich so genau Bescheid, wie es eine Zahl mit 9 Stellen suggeriert. Wenn man 5,6 M schreibt, ist das ein klares Signal, dass es um diese Größenordnung geht und nicht um den Wahrheitsanspruch von 5.563.745,23. Diese Scheingenauigkeit suggeriert nicht vorhandene Sicherheiten. Grobheit signalisiert: Es geht nicht um den exakten Betrag, es geht darum, ob die Richtung stimmt, ob wir gut überlegt haben, ob wir planvoll handeln.
- Keine Adjektive. Adjektive überlassen wir Revolverblättern. Dass etwas gestiegen ist, lässt sich zweifelsfrei belegen. Ob eine Steigerung um 23 % „deutlich“, „mäßig“, „enttäuschend“, „dramatisch“ ist, entscheidet der Betrachter. Das genügt völlig.
- Verachten Sie Corporate Design. Controlling ist keine Marketingveranstaltung. Das Logo Ihres Unternehmens und anderer Schnickschnack gehören nicht auf einen Bericht. Der CEO weiß, welchem Unternehmen er vorsteht. Wenn das Corporate Design schon 1/3 einer PowerPoint-Folie verschlingt, nenne ich das visuelle Selbstbefriedigung der Marketingabteilung. Lassen Sie alles weg, was keine Bedeutung hat. Hintergründe, Rahmen, Kästchen, Logos. Corporate Design macht alles gleich. Machen Sie nur gleich, was gleich ist.