Sparklines sind beredt, aber einsilbig. Buchstäblich. Denn Trennen tut ihnen noch mehr weh als dem „st“. Dieses und andere Probleme beim ansonsten sehr faszinierenden Schreiben mit Sparklines.
Letztes Mal an dieser Stelle feierten wir den erfolgreichen Druck sportiver Sparklines in der Juni-Ausgabe der Traffic News-to-go. In der Ausgabe für Juli/August haben wir uns an einem weiteren Format versucht: Linien-Sparklines in der Form, wie Edward Tufte sie vorgeschlagen hat.
Showtime: Premiere für Sparklines auf der Fashion Week in Berlin.
Foto links: Traffic News-to-go.
Das war etwas schwieriger, dennoch ist es gelungen. Wir haben einiges dabei gelernt. Auch Zeitungen müssen einiges lernen, wenn sie von den aufregenden Möglichkeiten der Sparklines profitieren wollen, was wir ihnen dringend und schon lange empfehlen.
- Die Sport-Sparklines konnten wir vergleichsweise einfach für den Zeitungsdruck produzieren: Schon 2005 haben wir eine spezielle Schriftart geschnitten, den „SparkFont“, der aus Tausenden von Zeichen für unterschiedliche Säulen und Liniensegmenten besteht. Ein Font druckt naturgemäß in Zeichenbreite. Für die dichotomen Sparklines, wie wir sie bei den Fußballergebnissen verwendet haben, ist das in Ordnung. Sie bestehen nur aus einfachen Rechtecken: eins oben für gewonnene Spiele, eins unten für verlorene. In Linien-Sparklines, etwa für Wechsel- oder Börsenkurse, müssen wir aber sehr viel mehr Daten unterbringen. Das erfordert Grafikformate, die besser komprimieren.
Schreiben mit Sparklines: in der Juli-Ausgabe der Traffic News-to-go.
2. Sparklines lassen sich nicht gut trennen. Sie gehören in eine Zeile. Und die Zahl dahinter auch. In unserem Text mussten wir umformulieren oder an anderer Stelle die Silbentrennung anpassen, um die Sparklines nicht umzubrechen. Für Zeitungen bedeutet das: Die Arbeit kurz vor Redaktionsschluss wird anspruchsvoller. Ohne Sparklines reicht sprachliches Geschick aus, um durch Straffung oder Ergänzung Texte an Platzverschiebungen anzupassen.
3. Kopfzerbrechen bereitete uns die Frage, wie lang unsere Eurokurs-Sparklines sein sollten. Immerhin zeigen wir Zeiträume von 6 Monaten bis zu mehr als 10 Jahren je Sparkline und damit Zeiträume, die sich bis zum Faktor 20 unterscheiden. Bellas Proportionalitätsgesetz können wir darauf nicht anwenden. Sonst wäre die kürzeste Sparkline vielleicht 4 Zentimeter und deswegen die längste 80 Zentimeter breit geworden. Unsinn. Wir entschieden: Es erleichtert das Erkennen und Vergleichen von Mustern, wenn alle Sparklines gleich lang sind.
Auf Zeitungspapier viel schöner als hier am Bildschirm …
4. Der Text, der die Sparkline umgibt, muss einiges leisten. Legenden oder Fußnoten funktionieren nicht. Also müssen die sperrigen Angaben zum abgebildeten Zeitraum und zur zeitlichen Ebene (Jahr, Monat usw.) in den Text eingebettet werden. Man bekommt das schwer in einen Satz. Wir haben die schwierige Aufgabe mit mehreren Sätzen gelöst, wie die Beispiele zeigen. Einmal prompt falsch: An einer Stelle müsste es sechs Jahre statt acht heißen.
5. Es gibt zwei Sorten Sparklines: Geht es uns vor allem um die aktuelle Zahl, zeigt die Sparkline, wie weit wir vom historischen Minimum bzw. Maximum entfernt sind. Uns genügt folglich eine Zahl, die aktuelle. Und die steht am Ende der Sparkline, also rechts. Geht es uns um eine Entwicklung und etwaige Verlaufsmuster, dann wollen wir auch den Anfangswert kennen. Der steht am Anfang, also links. Unsere Beispiele zeigen: Von dieser reinen Lehre muss man mitunter abweichen, denn sonst kommt man sprachlich ins Schleudern.
Mit Sparklines schreiben, ist anspruchsvoll und mühsam, das Ergebnis aber aller Mühen wert. Dazu ein Vergleich: Der Text „Women and Cancer“, der als besonders zahlendicht gilt, argumentiert in einzelnen Kapiteln mit einem Verhältnis von 13 bis 24 Worten pro Zahlenwort (Jahresangaben und Zahlenwerte). Unser Text hat circa 500 Wörter, die Sparklines wurden mit fast 10.000 Werten gemalt.