Wie schön wären Signale für Manager, Investoren, Sparer und die Politik, die so eindeutig sind wie rote Ampeln für Verkehrsteilnehmer. Eindeutige Zusammenhänge zwischen Signal und Handlung sind jedoch selten. Die Diskussion um die Rating-Signale hat dem Wunschdenken neue Nahrung gegeben, anstatt endlich damit aufzuräumen.
Heute Morgen waren die Heizkörper kalt. Auf dem Rasen lag eine Frostschicht. Einigermaßen beunruhigt ging ich in den Heizungskeller. Die digitale Anzeige der Heizungsfunktionen gab keinen Hinweis auf eine Störung. Dafür eine analoge Druckanzeige. Der Zeiger stand deutlich unterhalb des grünen Bereichs. Ich prüfte alle Hähne. Alle offen. Lediglich zwei rote Hebel an derselben Leitung waren geschlossen. Ich öffnete sie und der Zeiger begann sich zu bewegen. Na also. Wieder oben fühlte ich am Heizkörper. Er hatte begonnen, sich zu erwärmen.
Zu wenig Wasser in der Heizung? Der Zeiger muss im grünen Bereich sein.
Einige Tage zuvor waren wir noch in südlicheren und wärmeren Gefilden. Ich ging mit Bella und ihrem Freund Bambou spazieren. Auf einem wenig begangenen Pfad hatte jemand Pfosten aufgestellt, wohl um eine zu reparierende Wasserleitung zu markieren. Das obere Ende war rot angemalt. So waren die Pfosten auch im hohen Gras gut zu sehen und keiner von uns stolperte darüber.
Bella erforscht, wo Markierungen eindeutig sind und sein müssen.
Am Nachmittag desselben Tages nahm uns ein Nachbar mit seinem Boot mit. Wir passierten ein Seezeichen. Sein sogenanntes Toppzeichen in Form zweier Dreiecke, die nach unten zeigen, bedeutete unserem Skipper, dass man die markierte Gefahrenstelle südlich zu passieren hat.
Bellas zweiter Forschungsausflug an diesem Tag. In unserem dokumentarischen Eifer kurvten wir so lange an der Gefahrenstelle herum, bis wir den Grund touchierten. Dann traten wir den Rückzug an.
Was lernen wir aus alledem für das Thema dieses Blogs?
Das Signal der Heizung basiert auf einem einfachen Regelkreis. Zeiger und Wasserzufluss stehen in einem beobachtbaren Zusammenhang. Die Pfosten im Wald signalisieren ein zeitweises Hindernis. Das Seezeichen markiert eine bleibende Gefahrenstelle und den Bereich, in dem man sie gefahrlos passieren kann.
Je ernster wir diese Signale nehmen, desto sicherer dürfen wir uns fühlen. Die Heizung liefert wieder Wärme, wir stolpern nicht über die Pfosten und geraten nicht in flaches Wasser. Vertrauen in das Signal wird belohnt. Diese Signale sind angemessen reduziert. Ihre Vereinfachung erleichtert Verständnis, Sichtbarkeit und Handhabung. Die Details hinter den Signalen interessieren uns nicht. Die exakte Wassermenge in der Heizung war für mich ebenso unerheblich wie das Datum der Platzierung der Pfosten oder das Bodenprofil der Flachstelle. Eindeutige Signale verdanken ihre Einfachheit dem Umstand, dass Unnötiges weggelassen wurde.
Anders verhält es sich mit vielen betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Signalen. Besonders in der Kritik stehen derzeit die Signale der Ratingagenturen. Den Stand der Dinge spiegelt die öffentliche Konsultation der Europäischen Kommission vom 05.11.2010 wider. Von vielen Seiten werden die Gefälligkeit gegenüber zahlenden Emittenten und die Intransparenz der Signalentstehung kritisiert. In der EU will man die Banken dazu anhalten, ihre Ratings stärker selbst zu erstellen. Insgesamt sollen die Signale “richtiger” werden. Denn weil viele ihnen folgen, entsteht Herdentrieb, Reaktionen werden übertrieben, Krisen verschärfen sich.
Mir scheint, das Signal selbst ist das Problem, weil es verdichtet, was nicht verdichtet werden sollte. Chancen und Risiken lassen sich nur unbefriedigend saldieren. Wir müssen die Komplexität ausreichend beschreiben. Das könnten Ratingagenturen tun. Sie könnten auch Vergleiche zeigen und Entwicklungen. Auf ihre saldierten Signale sollten wir verzichten.