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Neusehland I

Wer verreist, will wieder heimkommen. Orientierung und Weg­findung werden wichtig. In Neuseeland, wo man so weit von zu Hause entfernt ist wie sonst nirgends, fällt die Orientierung sehr leicht. Weil sie auf robusten visuellen Standards beruht. Warum einen das auf die Kauri-Fichte bringen kann.

In Managementberichten und in Wirtschaftszeitungen begegnen uns visuelle Metaphern, die ursprünglich für den Straßenverkehr oder die Wegweisung erdacht wurden. Trifft man diese alten Bekannten dort wieder, wo sie herkommen, so kann das zunächst lehrreich sein. Einige Beispiele:

Deutungsrobust: Dreiecke für Richtungen, Plus und Minus für Veränderungen
Vom Redesign des Wall Street Journal war hier schon die Rede. Das Journal codiert seit einigen Wochen Plus- und Minuszeichen um. Für die Vortages­veränderungen von Indizes und Währungen findet man jetzt kleine rote und grüne Dreiecke, jeweils am oberen Rand der Titel- und einer weiteren Seite. Sie zeigen nach oben oder unten.

Ganz ähnliche Dreiecke begegneten mir vor kurzem bei einem Waldspaziergang. Der Weg auf einem Nebenpfad, der tiefer in den tropisch dichten Wald hineinführt, ist in Abständen von wenigen Metern mit senkrecht aufgehängten Plastikdreiecken gekennzeichnet. Das ist dort nicht nur hilfreich, sondern dringend geboten. Man würde den labyrinthischen Weg sonst nach wenigen Schritten verlieren.

Hätte jemand Plus- und Minussymbole an die Bäume genagelt, würde das die Wegfindung nicht erleichtern. Vor lauter Grübeln, wozu das dienen soll, wäre leicht der Wald vor lauter Bäumen nicht mehr zu sehen.

Die (spitzwinkligen) Dreiecke zeigen mal nach rechts und links oder nach oben. Je nach Perspektive, aus der sich der Wanderer nähert, wird dasselbe Symbol geschickt in seinen Zeigevarianten so genutzt, dass so wenige Dreiecke wie möglich den schwierigen Pfad so genau als nötig kennzeichnen. Die Farbe der Dreiecke kommt im Wald sonst nicht vor, auch das ist eine Hilfe. Stopppunkte für die Brutzählung, um die es auf diesem Pfad geht, erkennt man an zwei gegeneinandergedrehten Dreiecken. Sie zeigen: Hier geht es nicht weiter, sondern du bist da.

Farbrobust: Formen – formrobust: Farben
Vor Engstellen wie einspurigen Brücken und Tunneln erhöht es die Sicherheit dramatisch, wenn eine dauerhafte Vorfahrtsregelung besteht. Je früher in der Annäherung an die Engstelle klar ist, welche Seite Vorfahrt hat, desto besser. Die Unterscheidbarkeit von Farben und Formen aus zunehmend größeren Distanzen ändert sich auf unterschiedliche Weise. Meist gilt, dass Formen länger unterscheidbar bleiben, vor allem wenn dann noch individuelle Einschränkungen im Sehvermögen hinzutreten.


Schnell gelernt und auch aus großer Entfernung mit Rot-Grün-Schwäche schnell erkannt: Wer in Richtung des großen Pfeils fährt, hat Vorfahrt. Die Unterscheidung Rot/Schwarz unterstützt die Wahrnehmung.

Im Druck und in der Bildschirmdarstellung haben wir ein ganz ähnliches Thema zu bewältigen. Feinere Farbnuancen gehen schon zwischen unterschiedlichen LCD-Displays, die sehr wenig farbsicher sind, verloren. Spätestens im Schwarz-Weiß-Ausdruck auf Papier auch größere Farbunterschiede. Robustes Design berücksichtigt diesen Umstand.

Perspektivenrobust: Doppelung
Auf sehr hügeligen, kurvenreichen Straßen kann eine Kuppe ein Warnzeichen verdecken, wenn es in derselben Höhe wie sonst üblich angebracht ist. Die Lösung für dieses Problem besteht in einer Aufdoppelung. Dasselbe Zeichen wird zweimal in unterschiedlichen Höhen angebracht. Bei gleicher eigener Blickhöhe schaut man vor der Kuppe auf das höhere, nach der Kuppe auf das niedrigere Schild. In der Annäherung kann dieses pfiffige, nur scheinbar redundante Design durchaus für ein Schmunzeln im Gesicht gestaltungs­sensibler Gemüter sorgen.

In der Managementinformation geht es uns oft ähnlich. Dieselben Daten verdienen ganz unterschiedliche Perspektiven. Eine Darstellung allein ist also selten perspektivenrobust. Daher lohnt immer die Frage, ob man nicht mehrere Varianten derselben Daten zeigen sollte. Was auf den ersten Blick redundant scheint, kann die kurvenreiche Fahrt durch die Datenlandschaften sicherer machen.

Alle Beispiele verdeutlichen mir: Die Beschilderung will Unsicherheit verringern. Sie tut das in angemessener Weise. Aus ihrer Konstruktion können wir viel lernen – aus ihrer Metaphorik aber wenig übertragen. Täten wir das, bestünde die Gefahr der Vergröberung und Manipulation. Die Vortagesveränderung eines Aktienkurses zeigt nicht den Weg durchs Dickicht der Vermögensanlage. Das Ampelsignal kann nicht entscheiden, ob Stillstand oder Weiterfahren Besserung bringt.

Nicolas Bissantz

Diagramme im Management

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