Wer über BI spricht, kann den Mund oft nicht voll genug nehmen. Übertreibungen begleiten jeden Hype und bleiben, was sie sind: übertrieben. Wir maulen jetzt mit vollem Mund zurück. Heute zum Thema: Welche Rendite kann BI liefern?
Letzte Woche diskutierten wir unter Kollegen, wie viel Return on Investment (ROI) man von Business Intelligence (BI) erwarten könne. Wir kamen zu einem Stufenschema. Später las ich im Internet nach, was andere dazu sagen. Ich war erschrocken und hatte einen Knoten im Gehirn. Hier meine bescheidene Gegenmeinung – die rauschende Party ist nebenan.
- Denken statt FrickelnController mühen sich oft schrecklich mit ihren Zahlen, bis Berichte daraus werden. Achtzig Prozent der Arbeitszeit gehen dafür drauf, hört man manchmal. Wenn man das mithilfe von Berichts- und Analysesoftware (vulgo: BI-Suite) umdreht, haben Controller mehr Zeit zum Nachdenken, weil die Berichtserstellung einfacher wird. Selbst wenn sie nur ab und an „Halt!“ rufen können, wenn etwas beschlossen werden soll, das nicht zu den Zahlen passen will: Selbst dann haben wir eine erste Rendite, nämlich mindestens in Höhe der fürs Frickeln gesparten Kosten. Schließlich sind Controller nicht als Grafiker angestellt.
Die Mythenbildung im Business Intelligence schießt derart ins Kraut, dass die Kritiker der Mythen noch mythischere Gegenmythen in die Welt setzen. Diese wirklich beeindruckende interaktive Fotoüberlagerung aus der NYT ist laut Information Week „True BI for the masses“. Einspruch! Das ist unsere Mauer. Vorher. Nachher. - Unsicherheit beseitigenUnsicherheit lähmt. Beinahe jeder im Unternehmen will wenigstens ungefähr wissen, wie es darum steht. Wer keine Informationen dazu hat, spekuliert eben – in seiner Arbeitszeit. Diese Zeit können wir einsparen, indem wir den Informationsmangel mit einfachen Berichten zum Ist beseitigen. Ich schätze die Zeit fürs unnütze Rätseln großzügig auf etwa 5 bis 10 % der Personalkosten von etwa 80 % der Mitarbeiter. Das wäre der Return auf dieser Stufe. „BI for the masses“ sehe ich darin noch nicht. Ich meine: Ob und wie man seine Mitarbeiter informiert, ist eine organisatorische Frage.
Für die Information Week ist diese NYT-Animation ebenfalls „True BI for the masses“. Etwas mühsames Herumklicken zeigt uns: Einzelwerte unterscheiden sich von Durchschnitten. - Wissen, was man nicht tun sollteJa, das ist die Idee: BI soll Grenzen und Möglichkeiten zeigen. Wer sein Ist gut kennt, erkennt auch die Grenzen. Hier kann der Rechner seine ganze Überlegenheit ausspielen, hier können wir über integre Darstellungen, konsistente Formate, Berichten nahe am Geschehen („realtime“), mobile Formate, Filteralgorithmen, Automation der Routine, flüssige Planungsprozesse, geschickte Abweichungsauflösung usw. hirnen und handeln, ohne dass uns Arbeit, Fortschritt, Seriosität ausgehen. Einen neuen Namen hätten wir dafür nicht unbedingt gebraucht, „Controlling“, „Betriebliche Datenanalyse“ oder „Berichtswesen“ hätten es getan und tun es immer noch. Ach ja, die Rendite dafür? Schwer zu beziffern, aber so irrelevant wie Geld für Windschutzscheibe und Rückspiegel.
- Wissen, was man tun sollteDas ist die Kür des BI und das Heilsversprechen: Die Daten hat man schon. Man muss sie nur auf Hinweise nach den erfolgversprechendsten Kundensegmenten untersuchen, nach Cross-Selling-Potenzialen, verborgenen Zusammenhängen zwischen Wetter, bevorzugtem Krawattenmuster, Altersgruppe und Kaufentscheidung, dann bügelt man die Konkurrenz in Grund und Boden. Falsch. Die Welt ist uns nicht untertan. Menschen und Unternehmen sind keine deterministischen Kaufroboter. Unternehmerischer Erfolg ist menschlicher Erfolg, nicht maschineller. Zuerst wird entschieden, dann gehandelt, dann entstehen Daten, dann wird analysiert, erkannt, bewertet, neu entschieden. Daten geben Hinweise, Fingerzeige, Indizien, Verdachtsmomente. Aber sie fangen nicht die ganze Wirklichkeit ein. Wir aber haben es mit der ganzen Wirklichkeit zu tun. Ein BI-System ist also ein Werkzeug, das gut in der Hand liegen sollte. Man wird damit Fragen behandeln, deren Größenordnung nichts mit der Investitionssumme für BI zu tun hatte. Wir könnten ebenso gut fragen, welchen ROI hat ein Hammer beim Hausbau.
- Die Nadel im HeuhaufenAusgeschlossen ist es nicht, aber selten: dass man mit der Analyse von Daten diese eine, großartige Idee findet, die so offensichtlich ist, dass es Daten dazu gibt – aber wir die ersten sind, die das sehen. Schon häufiger sind Auffälligkeiten mittlerer Ordnung: eine Kostenstelle, die aus dem Ruder gelaufen ist; Fehlbuchungen; strukturelle, aber nicht notwendige Kostenunterschiede zwischen Betriebsteilen und Ähnliches. Der ROI daraus ist nicht systematisch und deswegen auch nicht planbar – aber mitunter erheblich.
Das jedenfalls waren die groben Gedanken in unserer Runde. Wir sehen, es geht auch ohne Mythen. Kein Wunder, denn Lady BI heißt bürgerlich: Controlling, Berichtswesen, Datenanalyse.