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Hochstapeln ist out

Stapelgrafiken sind echte Hochstapler. Sie geben vor, Strukturen aufzudecken. Das aber scheitert regelmäßig – und ist auch noch konstruktionsbedingt. Warum das so ist und welche Alternativen wir haben.

Stapelgrafiken begegnen uns recht häufig. Ihre Idee ist, Strukturen aufzuzeigen: Wie setzen sich Dinge zusammen? Wie hat sich die Zusammensetzung geändert? Welche Komponenten sind hier wichtig, welche dort?

In den letzten Wochen wurde z. B. viel über den Benzinpreis diskutiert. Er setzt sich aus verschiedenen Komponenten zusammen. Die wiederum sind in verschiedenen Ländern verschieden hoch. Wer darüber berichtete, zeigte das in dieser Form:

Wie der Staat abkassiert
Wo ist die Steuer am höchsten? Das beantworten nur die Zahlen. Die Grafik hilft dabei nicht. (auto motor und sport 16/2008, S. 3)

Wie man sieht, funktioniert die Stapelei nur innerhalb eines Balkens so, wie sie soll. Das Auge kann gut unterscheiden, welchen Anteil eine Komponente am gesamten Balken hat. Und wir können noch die Balkenlängen unterscheiden, die von einer gemeinsamen Grundlinie starten. Wir sehen also die Unterschiede der Gesamtpreise und die Unterschiede zwischen den Grundpreisen. Die Unterschiede zwischen den Steuern sehen wir nur dann vernünftig, wenn wir die Zahlen zu Rate ziehen. Daher: Wollen wir mehr als zwei Kriterien optisch differenzieren, dürfen wir sie nicht stapeln. Hier sind es drei (Grundpreis, Steuern, Endpreis).

Das zweite Beispiel zeigt die Stunden, die ein mittelständischer Betrieb für seine Steuererklärungen aufwenden muss. Dargestellt sind vier Kriterien. Zunächst einmal löblich: Eine Grafik mit immerhin 76 Werten findet man selten. In dem Focus, aus dem sie stammt, war es die mit Abstand dichteste Strukturdarstellung.

Und jährlich grüßt das Finanzamt
Der Steinbrück und die Uhr sind Firlefanz, die hohe Informationsdichte ist löblich, das Stapeln nicht (Focus 29/2008, 14.07.2008, S. 27)

Wieder funktioniert die Grafik nur für den ersten Wert und den Gesamtwert. Alles andere sagen uns erst die Zahlenwerte, die hier in tabellarischer Qualität eng und damit vergleichbar platziert sind. Vielleicht überraschend: Deutschland ist nur im Mittelfeld. Streng genommen sollten die Säulen auch Balken sein, weil Säulen für Zeitreihen reserviert sind.

Zum Ärgernis werden Stapelgrafiken, wenn die Segmente in ihrer Größe stark voneinander abweichen und deswegen Werte gar nicht mehr zu platzieren sind. Wie sich die Milch macht, ist hier beim besten Willen nicht mehr zu erkennen:

EU-Landwirtschaftssubventionen
Wie hat sich die Milchsubvention verändert? Schwer zu sagen. Weil gestapelt wurde und kein Platz mehr für Werte ist. (Welt am Sonntag, 05.08.2007, S. 23)

Daher: Weg mit den Stapelgrafiken! Wer glaubwürdig und verständlich sein will, verzichtet ganz aufs Hochstapeln und nimmt stattdessen eine Grafische Tabelle. Für gestapelte Zeitreihen hat das Bella schon einmal demonstriert. Die Steuerstapel aus der auto motor und sport oben könnten dann so aussehen:

Die Benzindaten als Grafische Tabelle
Schon viel besser: Grafik für die schnelle Orientierung, Zahlen fürs Detail. Stapeln ist unnötig.

Jedes Kriterium bekommt eine eigene Spalte und hat eine klar abgegrenzte, eigene grafische Repräsentation. Über die Platzierung der Werte müssen wir uns keine Gedanken machen.

Und das nächste Mal sehen wir uns einen Kniff an, mit dem wir die analytische Aussagekraft der Grafischen Tabelle nochmals deutlich steigern. Spätestens dann, so bin ich mir sicher, verlieren Stapelgrafiken den letzten Fan …

Nicolas Bissantz

Diagramme im Management

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