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Farben-Leere

Heute wieder praktische Lebenshilfe: Fliegen ist sicherer als die Sicherheit des Fliegens darzustellen. Das hat viel mit Farben zu tun. Und lehrt uns: Wir müssen nicht alles malen.

Professor Ed Galea lehrt in London Feuerschutz und mathematische Modelle und hat sich mit den Risiken des Fliegens auseinander gesetzt. Er sagt: Lebensbedrohliche Abstürze gibt es sehr, sehr selten. Abstürze mit Todesfolge noch seltener. Abstürze ohne Überlebende nochmals seltener. Eine gewisse Rolle spielt, wo man sitzt.


Fliegen ist ziemlich sicher. Diese Maschine kam ohne Dach an. Aber sie kam an. (Quelle: AP/Wide World Photos, Aloha Flug 243, 28.04.1988)

Das will auch diese Abbildung sagen, die Business- und First-Class-Reisende luftkrank werden lässt. Natürlich übertreibt die Drei-Farb-Logik. So unterschiedlich, wie es die Unterschiede zwischen den Farben suggerieren, sind die Zahlen nicht. Und so einfach wie hier stirbt man auch nicht. Welche Rolle der Sitzplatz spielt, sagt Professor Galea, hängt von der Art des Unfalls ab. Und dann wiederum ist auch eher die Entfernung zum nächsten Ausgang wichtig.


Handwerklich schlecht und in der Aussage viel zu grob. Die Farbunterschiede sind viel größer als die Zahlenunterschiede. Und natürlich ist in Wirklichkeit alles viel komplizierter als in dieser Zeichnung. (Quelle: Gil Ahn/seatguru.com, Überlebensraten auf Sitzebene aller Unfälle kommerzieller Flüge in den USA seit 1971)

Die nächste Abbildung wagt mehr Differenzierung. Aber sie ist derart verwirrend, dass man im Ernstfall lieber nicht neben ihrem Urheber sitzen möchte. Und die Daten scheinen im Widerspruch zur ersten Grafik zu stehen. Man ärgert sich, gerade sein Business-Class-Ticket gegen den Economy-Platz im Heck getauscht zu haben. Die Darstellung variiert in zwei Merkmalen: Es ändern sich Farben und Säulenhöhen. Jedoch scheint je Reihe die Farbe identisch und unabhängig von der Säulenhöhe zu bleiben. Es ist schwer vorstellbar, wie dazu die Datenbasis aussah.


Wie sind unterschiedliche Höhen bei gleicher Farbe zu deuten? (Quelle: BILD am Sonntag (BamS), 24.08.2008, Wissenschaftler klären Frage – Fliegt man vorn sicherer als hinten?)

In eine ähnliche Richtung geht die dritte Grafik. Sie scheint die Daten der beiden ersten zu vereinen. Insgesamt ist man aber noch verwirrter. Das Risiko nach Ort (Gang, Fenster, Bug und Heck) ist in Prozent angegeben. Das Risiko nach Entfernung zum Ausgang in Farbe. Beim nächsten Check-in verlange ich nach einem Gangplatz. Vorn. Hellgrün. Ich hoffe, man nimmt mich dann noch mit.


Farben und Prozente stehen für jeweils andere Daten. Man versteht nur noch Flugplatz. (Quelle: WAMS, Nr. 9, 01.03.2009, S. 76)

Eine leichte Verbesserung bringt es, auf die Ampelfarben zu verzichten. Ampelfarben haben wir hier schon öfter kritisiert. Das wichtigste Argument ist, dass unser Auge Rot, Grün und Gelb nicht intuitiv in eine natürliche Ordnung zu bringen vermag. Mit Graustufen oder Intensitätsabstufungen derselben Farbe geht das besser, wie das Redesign zeigt.


Ein eigener Versuch. Auch der ist nicht ohne Grenzen.

Aber: In einer einzigen Farbe lassen sich nicht beliebige viele unterscheidbare Stufen darstellen. Die Differenzierung leidet. Meist ist bei fünf Stufen bereits die Grenze erreicht. Je dunkler der Ton wird, desto weniger gelingt die Unterscheidung. Im Beispiel des Redesigns ist das gut an der Farbskala zu erkennen. Das sogenannte „Edge Fluting“ erschwert die Sache zusätzlich. An unkontrollierten Farbübergängen entstehen scheinbare Farbunterschiede, die durch Farbänderungen an den Grenzen unterdrückt werden müssen.

Für viele Daten ist es wichtig, zwischen positiven und negativen Werten zu unterscheiden. Das behindert den Gebrauch von Graustufenskalen, die wiederum sehr praktisch für den Ausdruck wären. In der Software DeltaMaster behelfen wir uns daher in der Regel mit zweifarbigen Skalen: blaue Intensitätsabstufungen für positive und rote für negative Werte. Die Schwierigkeiten beim Ausdruck bleiben natürlich erhalten.

Die Beispiele zeigen einen Teil dieser Schwierigkeiten. Insgesamt, so finde ich, wird keine Darstellung dem Thema gerecht. Wie dünn und schwer zugänglich die nötigen Daten sind, wird schnell klar, wenn man nach Quellen sucht. Alle Abbildungen suggerieren aber, man könnte das ohnehin geringe Risiko auch noch differenziert darstellen. Unsinn. Wir lernen daraus, dass man besser gar nichts malt, wenn nichts Verlässliches und Lesbares dabei rauskommt.

Die Gefahren des Fliegens haben wir jetzt beinahe vergessen. Gut so. Sie sind gering. Und unsere Sicherheit hängt sehr vom eigenen Verhalten ab. Flache Schuhe. Ausgang merken. Schwimmweste draußen aufblasen. Vor dem Aufprall nach vorne lehnen, Kopf schützen. Guten Flug!

Nicolas Bissantz

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