Controller sind Erbsenzähler. Na und? Irgendeiner muss das tun und es ist besser, man tut es gut. Übrigens finde ich: Gute Unternehmer sind immer auch gute Erbsenzähler. Das haben sie mit Controllern gemeinsam.
Auf Controllerkongressen haben Vorträge gerne Titel wie „Controlling – Eine Alibi-Funktion oder mehr?“* oder „Controlling und Risikomanagement: ‚Numbercruncher’ und Geschäftsverhinderer?“**.
Man scheint der Ansicht zu sein, die Controller seien ein recht unsicheres Völkchen und müssten sich ständig des Werts ihrer Aufgaben versichern lassen. Dazu dienen dann Seefahrtsmetaphern. Der Controller sei Lotse, Navigator, Steuermann. Drunter geht es nicht.
Ich halte das für Seemannsgarn. Der Chef steuert, lotst und navigiert. Nicht das Controlling. Das Lotsenbild hat Schräglage. Es geht nicht darum, einen vorgegebenen Kurs auf dem Kompass möglichst genau einzuhalten, sondern Untiefen dort zu erahnen, wo andere ins Blaue segeln würden und manchmal mutig, manchmal vorsichtig die Richtung zu ändern. Das ist Unternehmeraufgabe. Die wenigstens reißen sich darum.
Der Controller ist der Mann am Sonar. Wieviel Wasser ist unter dem Rumpf? Was war der bisherige Kurs? Was haben wir bereits erfahren? Planung und Simulation zeigen, ob man auf Kollisionskurs ist oder freie Fahrt hat.
Gehen wir also wieder an Land. Das Controlling zählt Erbsen. Jawohl. Unternehmer ohne eigenes Controlling tun das auch. Täglich. Ich habe es zu Beginn meiner Karriere ebenfalls getan. Mit großer Leidenschaft. Am Ende des Tages saß ich für mindestens eine Stunde in einer stillen Ecke, zählte, kalkulierte, rechnete, bis ich mir sicher war, dass mir und den meinen kein Ungemach drohte und genügend Erbsen da waren, mit denen wir wirtschaften konnten.
Kostenstellenanalyse: Profilunterschiede können Hinweise geben auf Kostensenkungspotenziale – vorausgesetzt, die Erbsen wurden sorgfältig gezählt und die Daten stimmen.
Ein Unternehmer kennt seine Zahlen. Er weiß, was in der Kasse ist, welche Rechnungen geschrieben wurden, welche bezahlt sind. Er ist darin penibel und erbsengenau und er käme niemals auf die Idee, dass buchhalterische Gewissenhaftigkeit, vorausschauende Planung und spitzer Bleistift unseemännisch, Verzeihung, anachronistisch oder überflüssig sein könnten.
Ein bisschen paradox: Das Controlling verliert genau dann seine Daseinsberechtigung, wenn es aufhört, Erbsen zu zählen. Ein Kunde hat mir neulich von einem Kostensenkungsprojekt erzählt. Mehrere vergleichbare Kostenstellen seines Hauses wurden unter die Lupe genommen. Schnell stellte sich heraus: Gleiche Kosten waren in den verschiedenen Kostenstellen unter verschiedenen Kostenarten gebucht worden. Er war entsetzt. Zu Recht. Steuerungshilfen auf diesem Niveau taugen nicht einmal für ein Ruderboot. Die Buchungslogik wurde korrigiert. Auffälligkeiten zeigen jetzt auch wieder unternehmerischen und nicht nur buchhalterischen Handlungsbedarf.
* Vortrag von Diethelm Sack, Vorstand Finanzen/Controlling der Deutschen Bahn AG, in: ICV (Hrsg.), Veranstaltungsflyer zum 34. Congress der Controller “Controlling in harten Zeiten” am 11./12. Mai 2009 in München, Gauting 2009.
** Vortrag von Frank Romeike, RMA e.V., ebenda.