Menschen wollen sich präsentieren. Sie wollen zeigen, wer sie sind, was sie denken und was sie können. Das kann im Business Intelligence viel bewirken. Gedanken nach einem Spaziergang durch die Bungalowanlage des Olympischen Dorfs in München.
Sind das Schaufenster der Seele? Wir stehen zwischen den Bungalows des Olympischen Dorfs in München und staunen. Mein Sohn und ich hatten nebenan die BMW-Welt besucht, dort wollte ich mir Inspiration für die anstehenden Installationen von mehr Monitorfläche auf unserer neuen Büroetage holen. Bella war während unseres Besuchs in den Ausstellungshallen von BMW im Auto geblieben, jetzt machten wir einen Spaziergang durch den Olympiapark.
Die Bungalows des Olympischen Dorfs in München haben Schaufenster. Die Bewohner präsentieren sich dort – spielerisch, dekorativ, mit Witz, mal profan, mal ambitioniert.
Das Bungalow-Dorf wurde für die Sportler der unseligen Olympiade 1972 errichtet. Heute wohnen Studenten in den gut 1.000 Häuschen. Das Dorf war lange in einem schlechten Zustand und wurde von 2007 bis 2010 bis auf einige Häuserzeilen abgerissen und in beinahe identischem Zuschnitt neu errichtet. Wir spazieren an den mit viel Liebe und Aufwand bemalten Fassaden entlang und bewundern die Ideen der Bewohner.
In jede Hausfassade sind zwei Auslagen eingelassen. Fast immer sind sie dekoriert. Bonsais und Kakteen, Konzertkarten, Zeichnungen, Spruchkarten, Actionhelden aus Plastik, exotische und alltägliche Gegenstände sind zu Miniaturinstallationen arrangiert. Wir wundern uns über den ursprünglichen baulichen Sinn der Auslagen und fragen eine Studentin, die gerade aus ihrer Tür kommt. Sie präsentiert ein Arrangement aus Weihnachtskalender, Postkarten, Plastikente, Gläsern, gerahmten Bildchen, leeren Dosen. Kunstinteressierte würden darin „Ready Mades“ oder „Objet trouvés“ erkennen. Sie wüsste auch nicht, was die ursprüngliche Idee der Schaufenster war, von innen benutze man sie wie einen Schrank, sagt sie. Ein zweiter Student, der während unseres Gesprächs hinzukommt, witzelt, er würde die „Schränke“ als Abfalleimer missbrauchen. Meine Beobachtung, die meisten Auslagen wirken absichtsvoll und mit Plan arrangiert, irritiert die beiden. Dass man hier eine Kultur der architektonischen gestützten Nabelschau lebt, scheint den beiden peinlich zu sein.
Mich erinnert das zum einen an unser „Cheerleading“ und an unsere „Ergebnis-Monitore“ in der Entwicklung. Besprechungen mit schwierigen Themen leiten wir mit einer Vorstellungsrunde ein, in der reihum jeder von drei Dingen berichtet, die ihm in der letzten Zeit besonders gut gelungen sind. Die anderen dürfen Verständnisfragen stellen, aber das Gesagte weder kommentieren noch kritisieren. Tatsächlich spüren wir, dass der zutiefst menschliche Wunsch nach Anerkennung mit diesem Kniff befriedigt werden kann, obwohl man sie sich im Wesentlichen selbst gibt. Auf unsere Treffen hat das großen, positiven Einfluss.
Auf den „Ergebnis-Monitoren“, die in den Fluren unserer Entwicklung hängen, zeigen die Programmierer nach Gusto ihre Arbeitsergebnisse. Es reichte, die Monitore an die Wand zu hängen und die Idee zu erklären. Um die Aktualisierung des Monitorinhalts kümmern sich die Entwickler selbst und mit großer Freude. In der neuen Etage, die wir gerade einrichten, soll jeder Raum ein elektronisches Schaufenster bekommen, so dass bei uns generell abstraktes Arbeiten wieder greifbar wird. Es ist doch frustrierend, dass ein Gang durch heutige Bürowelten im Wesentlichen nur vermittelt, dass Computerarbeit getan wird. Welche, das sieht man nicht. Das ändern wir jetzt.
Auf dem Rückweg zum Auto sprachen wir über die Nähe dieser Ideen zum Erfolg von Facebook, den ich auch darauf zurückführe, dass auch dem trivialsten Alltagserlebnis eine potenziell unendliche Bühne gegeben wird. Wie würde man die Installationen des Olympischen Dorfes in diesem Zusammenhang nennen? „Physbook“, sagte mein Sohn.