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Gütemaß Differenzierung: € pro Pixel

Wir wollen die Qualität von Berichten messen können. Heute gehen wir ins Detail. Wie groß, lang, breit sollen grafische Elemente sein? Das Gütemaß „Differenzierung“ beantwortet uns diese Frage. Mit der Auflösung in €pP oder %pP – Euro oder Prozent pro Pixel.

Herkömmliche Businessgrafiken gehen verschwenderisch mit unserer knappen Augenspanne um. Ich habe ihnen daher ein baldiges Ableben gewünscht und empfehle kompakte Grafische Tabellen. Mit ihrer Hilfe können wir die Daten- und Informationsdichte unserer Berichte dramatisch erhöhen.

In Grafischen Tabellen sind die Elemente, die das Auge lenken, integriert, aber auf das notwendige Maß reduziert. Doch wie bestimmen wir, was notwendig ist? Sehen wir uns dazu das erste Beispiel an, eine Grafische Tabelle aus der ZEIT (05.03.2009, Nr. 11, S. 33).

Biolebensmittel gehen gut; Die ZEIT, 05.03.2009, Nr. 11, S. 33
Die Grafik würde selbst Unterschiede von 0,33 € noch erkennbar darstellen. Das ist hier viel zu genau. Die Differenzierung ist zu hoch.

Ich finde, handwerklich ist die Grafik sehr gut. Kein 3D, korrekt beschriftet, gut ablesbar. Jedoch: Sie übertreibt die Differenzierung. Um das zu beurteilen, müssen wir die Differenzierung erst einmal messen. Am Bildschirm können wir in der Regel Längenunterschiede von einem Pixel ausreichend gut wahrnehmen. Beim Drucken könnten wir noch genauer sein. Wir bleiben hier bei der Auflösung, die uns der Bildschirm für die Gestaltung zur Verfügung stellt: dem Pixel.

Die ZEIT-Grafik ist auf Papier gedruckt. Wir haben das am Bildschirm nachmodelliert. Bei annähernd gleicher Breite wie in der gedruckten Version kommen wir auf eine Genauigkeit von 33 Cent je Pixel. Daraus resultiert, dass der größte Wert mit 107/0,33 = 324 Pixel Länge gemalt wird. Damit werden also noch Wertunterschiede von 0,31 % (0,33 EUR/107 EUR) grafisch differenziert.

Begnügen wir uns mit einer maximalen Balkenlänge von 100, dann würde ein Pixel einen Unterschied von 1,07 EUR repräsentieren. Das ist angesichts der Daten schon sehr genau. Der kleinste Unterschied ist der zwischen Italien und Frankreich. Ihr Pro-Kopf-Umsatz von Bio-Lebensmitteln unterscheidet sich um 2 EUR. Uns würden folglich 107/2 = aufgerundete 54 Pixel genügen, um auch das noch zu zeigen, wenn wir es denn wollen.

Biolebensmittel gehen gut; Die ZEIT, 05.03.2009, Nr. 11, S. 33 - Redesign DeltaMaster
Ausreichend genau und viel kompakter: 100 Pixel maximal, und damit eine Differenzierung von gut 1 EUR pro Pixel.

Freunde der gepflegten Datenanalyse wenden spätestens jetzt ein, dass sie ohnehin lieber die Unterschiede zu einer Referenz zeigen würden, also z. B. zu Deutschland. Dann würde man auch schneller sehen, dass Bio-Deutschland im europäischen Mittelfeld liegt.

Das zweite Beispiel, das wir uns ansehen, leidet unter zu wenig Differenzierung (Handelsblatt, 30.04.2009, Nr. 83, S. 12). Die kleinste Messeinheit ist weder Pixel noch Dot per Inch, sondern ein recht willkürlich verwendetes Balkenmaß. Bezieht man es auf den Maximalwert der 104 Kraftwerke in den USA, dann wäre ein Balken das Äquivalent zu 104/11 = 9,5 Atommeilern. Dann aber wird die Sache uneinheitlich: 1 Balken steht in China für 11 Meiler, in der Ukraine für 7,5 Kraftwerke. Aua, das ist eine Verzerrung von 47 %. Mag sein, dass die Balkenanzahl auf irgendein anderes Land „normiert“ ist und die Darstellung dann in sich stimmig wäre, wenn man das wüsste. (Wir haben nachgemessen: Für Frankreich bedeutet 1 Kernkraftwerk 0,102 (=6/59) Balken. Weiß man das und rundet auf ganze Balken, passt auch der Rest.) Richtig wird die Grafik dadurch noch nicht. Beispielsweise stehen 2 Balken für alles zwischen 15 und 20.

Atomkraftwerke weltweit, Handelsblatt, 30.04.09, Nr. 83, S. 12
Balken statt Pixel. Die feinste Auflösung ist 104/11=9,5. Die Differenzierung ist zu niedrig und überdies vermurkst.

Für Pixelästheten beinahe tragisch: Die Grafik wurde durch den Murks nicht mal kompakt. So sieht sie aus, wenn wir die gleiche maximale Breite für die grafischen Elemente spendieren:

Atomkraftwerke weltweit, Handelsblatt, 30.04.09, Nr. 83, S. 12 - Redesign DeltaMaster
Gleiche maximale Breite, korrekte und bereits ausreichende Differenzierung.

Insgesamt gilt: Das Gütemaß Differenzierung hilft uns dabei, sowohl Übertreibungen als auch Untertreibungen zu vermeiden. Sind bemerkenswerte Unterschiede grafisch nicht zu sehen, zeichnen wir zu grob. Übergenau aber malen wir (und verschwenden damit Raum), wenn auch noch Unterschiede zu erkennen wären, die in den Daten gar nicht vorhanden sind oder wegen Mess- und Erhebungsfehlern sowieso in den Toleranzbereich fallen.

Innerhalb dieser Grenzen ist es eine Frage des Zusammenhangs und des Fingerspitzengefühls, welche Differenzierung wir wählen. Haben wir uns entschieden, dürfen wir das dem Empfänger auch mitteilen, z. B. so: “Auflösung: 1.000 € pro Pixel.”

Nicolas Bissantz

Diagramme im Management

Besser entscheiden mit der richtigen Visualisierung von Daten

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