Das wichtigste Element für ein wirtschaftlicheres Berichtswesen ist Automation. Dazu braucht es aber weder Controllingroboter noch Künstliche Intelligenz. Gesunder Menschenverstand und ein bisschen Programmierung reichen. Zuviel kann eher schaden.
Für mehr Industriereporting hatte ich schon geworben. Und mir robuste Berichtsformate gewünscht, die eine automatische Befüllung mit Daten nacharbeitungsfrei aushalten. Die Analogie zu den Bedingungen in der industriellen Produktion liefert noch mehr Inspiration. In der Fertigung ist ein Grad an Automation erreicht, der Betriebswirte staunen lässt. Und deprimiert, wenn sie sehen, wie der Stand in der Unternehmenssteuerung ist.
Versierte Programmierer lächeln, wenn sie sehen, wie sich Controller immer wieder mit Handarbeiten abquälen, die einer vorindustriellen Manufaktur zur Ehre gereichen würden. Eine kleine Animation zeigt das am Beispiel einer Konzentrationsanalyse für den Produktumsatz. Sie soll zeigen, welche Artikel besonders wichtig für uns sind, ob der Umsatz stark auf einen Ausschnitt des Sortiments konzentriert ist oder ob der Erfolg auf vielen Säulen ruht. Entsprechend ihrer Bedeutung spricht man dann von A‑, B‑ oder C-Artikeln und überlegt u.a. welche C-Artikel eliminiert werden können.
Manuelle ABC-Analyse in Excel. Zum Vergrößern bitte anklicken.
Wie die Animation zeigt, müssen die Daten geholt, sortiert und summiert werden. Es sind Anteile und Kumulationen zu bilden. Schließlich ist noch eine geeignete Klasseneinteilung zu finden, so dass Aussagen möglich werden wie: „Mit einem Viertel unseres Sortiments erwirtschaften wir drei Viertel unseres Umsatzes.“ Bei alledem gilt, was für viele Lehrbuchverfahren der BWL gilt: Die einzelnen Arbeitsschritte bleiben unabhängig vom Untersuchungsgegenstand gleich. Egal, was analysiert werden soll, Vertreter, Kunden, Gebiete oder eben Artikel, die Arbeitsschritte bleiben gleich und gleich langweilig, weil vollständig automatisierbar.
Auf dieses simple Prinzip stieß ich als Assistent von Peter Mertens, dem legendären Begründer der deutschen Wirtschaftsinformatik. Das war 1993 und die Künstliche Intelligenz war sehr à la mode. Der Ehrgeiz in unserer Forschungsgruppe ging zeitgemäß über triviale Ansätze der Makroprogrammierung hinaus und wir strebten nichts weniger als eine Art Controllingroboter an. Aus dem wurde nichts. Aber auf einem sehr langen Weg kumulativer Forschung, der inzwischen zwanzig Jahre umfasst, entstanden andere nützliche Ergebnisse.
Automatisierte ABC-Analyse in meinem geliebten DeltaMaster. Zum Vergrößern bitte anklicken.
Eines davon ist die automatisierte ABC-Analyse. Sie hat sich inzwischen über viele Jahre bewährt. Zudem ließ sich die Grundidee, Routineschritte an den Rechner zu delegieren, auch auf andere, mitunter komplexere Verfahren übertragen. Für ein automatisiertes Navigationsverfahren konnten wir einen begehrten Preis einheimsen.
Darin kam ein weiteres Automationsprinzip zum Tragen, das auch unsere ABC-Analyse prägt: Die Lade‑, Sortier‑ und Kumulationsprozesse bestehen aus trivialen Schritten, die keine Rätsel aufgeben. Die Klasseneinteilung hingegen bedarf ein klein wenig Voodoo, in Form einer Entscheidungsheuristik für die Klasseneinteilung. Auf der Suche danach kam uns seinerzeit die zweite, bescheidene Erleuchtung: Routineentscheidungen eines versierten Anwenders lassen sich mathematisch nachbilden.
Heuristik der Klasseneinteilung: Wo differieren die Grenzbeiträge am stärksten?
Im Fall der ABC-Analyse würde ein Controller die Liste der Produktumsätze durchgehen und die Grenzen zwischen A und B bzw. B und C dort ziehen, wo der Umsatz des nächsten Artikels sich vom Umsatz des vorhergehenden besonders stark unterscheidet. Grafisch wären das die Knickstellen in der Konzentrationskurve. Dieses einfache Prinzip muss noch um ein paar weitere Regeln ergänzt werden, dann klassifiziert der Computer genauso wie ein Mensch das tun würde. Meistens. Deswegen hat der Mensch auch bei uns immer noch das letzte Wort und kann die Klasseneinteilung beliebig ändern.
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