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Summiere und buchstabiere

Controller sollen Berater sein. Ihre Berichte sollen eine Botschaft haben. Am besten schon im Titel, in Kommentaren und in Zusammen­fassungen. Wie man sie treffend formuliert, lernen wir heute von Wolf Schneider.

Mein famoser Kollege Gerald Butterwegge ist Chef unserer Kommunikation, Herausgeber unserer Anwenderrundschreiben “clicks!” und “deltas!” und verantwortlich für treffende Formulierungen hier auf diesem Blog. Die anderen sind von mir. Jüngst war er auf einem Seminar von Wolf Schneider. Gerald verehrt ihn schon lange. Ich jetzt auch. So wie wir die Zahl und ihre Integrität verteidigen, tut Schneider das für die deutsche Sprache, nur schon länger und besser.

Anzeigetafel im Olympiastadion München: TSV 1860 München - FC Bayern München 1:5
Nicht immer ist die Formulierung einer Botschaft aus Zahl und Text so einfach wie hier.

Dass Sprache und Zahl zusammen gehören, hatten wir bereits einige Male. Heute werden wir noch etwas praktischer und geben Empfehlungen weiter, die wir von Wolf Schneider abgeschrieben* und fürs Controlling übersetzt haben.

  1. Wir tagen nicht in Zimmer vier.
    Die alte Setzerregel heißt „elf, zwölf, 13 – Ausnahme Dezimalzahlen (3,6)“. Sie bewährt sich aber nicht. Weder im richtigen Leben noch im Controlling. Wir schreiben besser nicht, dass unser Bericht vom „ersten Januar“ ist, auf „Seite vier“ die GuV zu finden sei und die Bilanzpressekonferenz in „Saal acht“ stattfinden wird. Im Kalender, im Bericht und an der Saaltür steht nämlich auch 1, 4, 8.
  2. Wir haben nicht mehrere 100 Mitarbeiter.
    Im Controlling haben wir es meist genau und können 348 schreiben. Wenn wir es aber doch nicht so genau haben, dann gibt „mehrere hundert“ diese Unsicherheit besser wieder als „mehrere 100“. Reine Psychologie.
  3. Unsere Rendite ist nicht von elf auf 13 Prozent gestiegen.
    Und unser Marktanteil nicht von sechs auf 4,8 Prozent gesunken. Bei allem, was wir vergleichen, schreiben wir Gleiches gleich, Verschiedenes verschieden, vorzugsweise in Ziffern.
  4. Wir besuchen von unseren 19 Niederlassungen in 18 Monaten nicht vier.
    Vorsicht bei verschränkten Reihen! Was zusammengehört, sollte auch so aussehen (19 und 4 Niederlassungen), und was nicht zusammengehört, darf anders aussehen (achtzehn Monate). Den längeren Zahlen in unserer Verschränkung behalten wir die Ziffern vor. Ebenso Zahlen, die auf den Dingen stehen, über die wir sprechen: „Heute haben wir zwanzig Räder in der Preislage zwischen 300 und 400 verkauft, gestern waren es fünfzehn.“
  5. Drei Vorstände hat unser Unternehmen.
    Von der Setzerregel bleibt weder bei Schneider noch bei uns viel übrig. Nur so viel, dass wir kleine Mengen, die wir nicht vergleichen wollen, mit Zahlworten schreiben.
  6. Bis Fürth sind es acht Kilometer.
    Wenn wir nicht vergleichen wollen, können wir uns daran orientieren, wie es viele Verlage machen. Sie schreiben möglichst viele Zahlen in Buchstaben. Jemand hat sechzehn Bücher zum Thema Führungskultur geschrieben, bis Fürth sind es acht Kilometer, Berlin hat drei Millionen Einwohner, bis zum nächsten Workshop sind es vierzig Tage. Zahlen mit wenigen Silben schreiben wir also gerne aus. Im Controlling wollen wir aber meistens vergleichen, auch dann, wenn die Vergleichszahl unbekannt ist und nicht im gleichen Satz genannt werden kann.
  7. Ein Rekord kommt auch mal ohne Zahl aus.
    Im knappen Raum von Titeln schreiben wir mitunter den eigentlichen Wert weder als Zahlwort noch als Ziffer, sondern komprimieren datenreiche Besonderheiten durch Sprache. Unser Lieblingsbeispiel dazu ist: „Australian dollar reaches a 28-year high.“ Auf den aktuellen und eben höchsten Kurs kam es ebenso wenig an wie auf den Tiefstkurs und alle Daten dazwischen.
  8. Eine Zahl ist deutlicher als deutlich.
    Die wichtigste Regel zum Schluss: Wenn wir Zahlen haben, verstecken wir sie nicht hinter Mehrdeutigkeiten wie: signifikant, bedeutend, erheblich, deutlich.

Wolf Schneider begann sein Seminar mit diesem Satz: „Sie schreiben für mäßig interessierte Leser über mäßig interessante Themen.“ Auch das übersetzen wir noch: Im Controlling haben wir es schöner.

* Wolf Schneider, Deutsch fürs Leben, 19. Auflage, Rowohlt Verlag,
Reinbek 2010, hier S. 144-147.

Nicolas Bissantz

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